Das Spielfeld
1. Der Spielfeldbelag
Fußball kann man auf nahezu jedem Untergrund spielen, aber wenn der Ball verspringt, weil die eigenen Fähigkeiten begrenzt sind, ist schnell der Platz Schuld. Um diese beliebte Ausrede abzublocken, ist die Bereitstellung eines zu jeder Jahreszeit in seinen Eigenschaften möglichst gleichmäßigen und ebenen Untergrundes als Spielfeld notwendig.
Standard ist trotz aller neuen Entwicklungen noch immer der gute alte Naturrasen. Natürlich wurde dessen Herstellung längst mithilfe zahlreicher Erfindungen perfektioniert. In den Stadien dieser Welt kommt meistens Rollrasen zum Einsatz, der extern gezogen und bei Bedarf relativ leicht austauschbar ist. Abgetragen wird er beispielsweise mit einer "Rollrasen-Erntemaschine" (DE 202023106960 U1), die Grassoden in einer bestimmten Größe ausschneidet und aufrollt.
Mähroboter kommen heute in vielen Gärten zum Einsatz. DE 102019003951 A1 rüstet einen Mähroboter mit einem Zuführungsbehälter für Streugut aus, der auch Grassamen oder Dünger streuen oder sogar die Linien des Fußballfeldes automatisiert aufbringen kann.
Wie gut gepflegt das Spielfeld ist, lässt sich mithilfe von US 20230289981 A1 erfassen: Eine Ballwurfmaschine schießt einen Fußball mit vorbestimmten Parametern (Geschwindigkeit, Winkel, Höhe etc.) über ein Spielfeld. Anhand der mittels Kamerasystemen gemessenen Ballbewegung können aus den Bewegungsparametern (Trajektorie, Spin, Aufprall) des Balles Rückschlüsse auf die Spieleigenschaften des Spielfeldes geschlossen und dieses bewertet werden.
Um das Spielfeld optimal pflegen zu können, schlägt US 20210073553 A1 eine kamerabildgestützte Analyse vor, die die Nutzung eines Sportplatzes flächenmäßig erfasst und anhand der Datenauswertung die Instandhaltung gezielt fördert.
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
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US 20230289981 A1 | 2023 | Electronic assessment of playing surface properties | Bewertung der Spieleigenschaften eines Fußballfeldes mittels Ballwurfmaschine und Kamerasystemen |
DE 202023106960 U1 | 2023 | Rollrasen-Erntemaschine und Erntemesser hierfür | Selbstfahrende oder antriebslose Rollrasenerntemaschine |
US 20210073553 A1 | 2021 | Maintenance of playing surfaces | Bildanalyse bestimmt Menge der Nutzung und Instandhaltung eines Sportplatzes |
DE 102019003951 A1 | 2019 | iLawnMower, Ausbring-Funktion als Zusatzgerät zu Rasenmähern und Mährobotern | Ein Mähroboter wird mit einem Zuführungsbehälter für Streugut ausgerüstet |
II.1.1 Der Kunstrasen
Aufgrund der oben beschriebenen Situation lag es schon 1881 für den Briten Ralph Leather Rylance nahe, einen vollkommen künstlichen Spieluntergrund vorzusehen (GB 1881-7 A), der mit einem gewöhnlichen Rasenbolzplatz nichts mehr gemein hatte. Nach seinem Vorschlag bestand dieser aus Beton, Asphalt oder einem Holzplankenboden, auf dem eine Gummischicht aufgebracht wurde. Je nach Bedarf und Spielanlage sollte dafür Gummi in fester, schwammiger oder profilierter Ausführung zum Einsatz kommen.
Modernere Spielbeläge legen mehr Wert darauf, einen Rasenplatz zu imitieren. Zwar wurde 1930 zu diesem Zweck nach wie vor Gummi verwendet, jedoch in faserartiger Form, um die Grashalme nachzuahmen (US 1 939 846 A). 1965 meldete die Firma Monsanto in Deutschland einen ersten Mehrschicht-Kunstrasen an (DE-OS 15 78 824). Hier dient ein wetterbeständiges Kunststoffgewebe auf einem Elastomer als Basis für einen Flor aus Kunststoffbändern, wobei die einzelnen Schichten durch Latex verbunden sind.
Ein Kunstrasen allein reicht aber für die Schaffung eines gut bespielbaren Platzes nicht aus. Dazu muß er mit weiteren unter diesem zu plazierenden Schichten kombiniert werden. Diese können z.B. wie ein zusätzlicher Schockabsorber wirken, müssen aber auch für den Spielbetrieb eine ausreichende mechanische Festigkeit aufweisen und sollten wasserdurchlässig sein, wie etwa die US 3 661 687 A zeigt (Figur 1).
In neuerer Zeit liegt der Schwerpunkt darauf, den Boden und das Gras mit seinen Eigenschaften möglichst 1:1 zu kopieren, um Spielsituationen wie auf natürlichem Rasen zuzulassen. In diese Richtung zielt auch die DE 198 22 542 C1, die einen Kunstrasen beschreibt, der aus u-förmigen Röhrchen besteht, in denen sich Wasser sammeln kann. So wird es möglich, auch die Glitschigkeit eines nassen Rasens zu imitieren.
Weitere Beispiele zu modernen Kunstrasenvarianten stellen z.B. die EP 0 966 568 B1 dar, die den Schwerpunkt auf einer erhöhten Nachgiebigkeit des aus mehreren Schichten aufgebauten Materials legt, und der aus Multifilamentgarn gebildete feuchtigkeitsregulierende Spielfeldbelag der DE 10 2004 013 749 A1.
Wer Kunstrasenplätze kennt, weiß, dass zwischen den Grashalmimitaten entweder Sand oder Gummigranulat möglichst homogen verteilt ist. Dadurch wird der Kunstrasen erst bespielbar, denn dieses Füllgut beschwert diesen so, dass er sich nicht in gewissen Spielsituationen wie ein Teppich zusammenschieben kann, sondern jederzeit eben und bespielbar bleibt. Von Zeit zu Zeit muss zur Säuberung und zum Wiederaufrichten der Halme die Einstreu jedoch durch Saugen, Bürsten oder Kämmen entfernt werden. Dazu wurden eigens Maschinen entwickelt, wie sie die Figur 2 aus DE 20 2007 015 031 U1 zeigt. Dieser spezielle Kehrautomat nutzt eine senkrecht zu Fahrtrichtung 3 betriebene, mit Zinken 40 ausgestattete, rotierende Walze 41, um den Kunstrasen bis zur Florgrenze vom Füllgut zu befreien.
Muss das Rasenimitat aufgrund der Alterungsprozesse der verwendeten Kunststoffe komplett entfernt werden - was alle vier bis zwölf Jahre anstehen kann -, ist wiederum der Einsatz spezieller Maschinen notwendig. Zum einen, um möglichst wenig Flurschaden anzurichten, und zum anderen, um eine ggf. mögliche Wiederverwertung von Einzelbestandteilen des Belags zu gewährleisten (EP 1 319 753 B1).
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
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DE 20 2007 015 031 U1 | 2007 | Fahrbare Vorrichtung mit einer Abtragvorrichtung für das Füllgut auf einem Kunstrasenplatz | Kehrmaschine für die Entfernung des zwischen den Halmen eines Kunstrasenplatzes aus Stabilisierungsgründen eingestreuten Füllmaterials |
DE 10 2004 013 749 A1 | 2004 | Kunstrasen | Feuchtigkeitsregulierender Kunstrasen für Fußballfelder |
EP 1 319 753 B1 | 2002 | A process for removing synthetic-grass floorings, corresponding use and product | Kunstrasenentfernung bei gleichzeitiger Widerverwertung von Einzelbestandteilen des Kunstrasenbelags |
EP 0 966 568 B1 | 1998 | Synthetic turf | Mehrschichtiger Kunstrasen mit erhöhter Nachgiebigkeit für Sportzwecke |
DE 198 22 542 C1 | 1998 | Kunstrasen mit hohlen Halmen | Kunstrasen aus u-förmigen Röhrchen, die Wasserspeicherungseigenschaften aufweisen, die die Spielsituation auf nassem Rasen imitieren helfen |
US 3 661 687 A | 1972 | Artificial grass sorts field | Kombination aus Kunstrasen und Unterbau, die zu einem optimalen Sport- und Spielfeld führen sollen |
DE 15 78 824 A | 1966 | Künstlicher Rasen | Kunstrasengewebe |
US 1 939 846 A | 1930 | Artificial turf and method of making the same | Kunstrasen aus faserartigem Gummi |
GB 1881-7 A | 1881 | Artificial Floors for Football, Bowling, Lawn Tennis, &c. | Künstlicher Bodenbelag für Sportarten, u.a. für Fußball, dessen eigentliche Spielfläche aus geeignet behandeltem Gummi gesteht |
II.1.2 Hybridrasen und dessen Herstellung
Hybridrasen ist heutzutage aus zahlreichen Fußballstadien weltweit nicht mehr wegzudenken. Er soll die robusten Eigenschaften des Kunstrasens mit den guten Spieleigenschaften des Naturrasens in sich vereinen. Auch beim Hybridrasen gilt wie beim Kunstrasen die Anforderung, einen dauerhaften Belag zu schaffen, der ähnliche Eigenschaften wie ein natürlicher Rasen aufweisen soll.
Hier ein paar Beispiele für die variantenreiche Ausführung von Hybridrasenflächen:
Der Hybridrasen kann in Schichten aufgebaut sein wie in US 2018 0 030 670 A1. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Regulierung des Wasserhaushalts und das Erreichen guter Dämpfungseigenschaften.
WO 16 122 389 A1 (Atrificial hybrid turf) zeigt eine Lösung, die Dauerhaftigkeit einer Hybridrasenfläche zu verbessern. Dies wird durch ein netzartige Verstärkungslage erreicht.
Die spätere Entsorgung im Blick hat das Gebrauchsmuster DE 20 2015 104 216 U1 (Faserbewehrte Rasentragschicht): Da Kunstfasern nicht verrotten, wird hier eine Lösung vorgeschlagen, bei der Kunstfasern zum Einsatz kommen, welche mit Hilfe eines physikalischen Effekts - z.B. durch eine bestimmte Temperatur, Feuchtigkeit, UV-Strahlung - biologisch abbaubar sind.
Zur Herstellung von Hybridrasen gibt es einige neuere Ansätze:
DE 601 11 738 T2 zeigt eine Maschine, die beim Überfahren des Untergrundes die Kunstfasern in regelmäßigen Abständen in denselben einbringt. Dabei enthält die Maschine eine Vielzahl von Rollen mit Fasermaterial. Das Setzen der Kunstfasern kann hierbei sowohl vor oder nach dem Säen des natürlichen Rasens oder in eine bestehende Grasnarbe erfolgen.
Eine ähnliche Maschine beschreibt das Gebrauchsmuster DE 202016104972 U1: Die Führung mehrerer Kunstfaserstränge um eine rotierende Trommel mit Schneidvorrichtung soll dabei ein schnelleres und damit wirtschaftlicheres Setzen der Kunstfasern ermöglichen.
Ein Verfahren zur Herstellung eines Hybridrasens oder Kunstrasens beschreibt DE 10 2014 011 714 B3: Mittels einer Maschine werden Kunstrasenmatten ausgebracht und gleichzeitig mit dem entsprechenden Füllmaterial versehen, so dass die Verlegung lediglich eine Überfahrt erfordert. Da dem Füllmaterial auch Saatgut eines natürlichen Rasens zugefügt werden kann, eignet sich das Verfahren sowohl zur Herstellung eines Kunst- als auch eines Hybridrasens.
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
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US 2018 0 030 670 A1 | 2018 | Substructure for an artificial lawn | Untergrundstuktur |
WO 2016 122 389 A1 | 2016 | Artificial hybrid turf | Hybridrasen |
DE 20 2016 104 972 U1 | 2016 | Vorrichtung zum Einsetzen künstlicher Grasstränge in den Boden | siehe Titel |
DE 20 2015 104 216 U1 | 2015 | Faserbewehrte Rasentragschicht | siehe Titel |
DE 10 2014 011 714 B3 | 2014 | Verfahren zur Herstellung eines Hybridrasens oder Kunstrasens sowie Maschine zur Durchführung des Verfahrens | siehe Titel |
DE 601 11 738 T2 | 2000 | Verfahren zum Einbringen von Fasern in eine Oberfläche und Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens | siehe Titel |
II.1.3 Die Rasenheizung
Keine Jahreszeit spielt im Fußball eine so große Rolle wie der Winter. Plätze werden eisig und bei geschlossener Schneedecke sehr schwer bespielbar. Um dem ein Schnippchen zu schlagen, wurde bereits 1947 von Edwin Knott wohl eine der ersten Rasenheizungen erfunden (GB 631 291 A, Figur 3). Dem Prinzip nach wird heißer Wasserdampf in ein Röhrensystem gepumpt, das das ganze Spielfeld durchzieht, und somit das Gefrieren des Bodens verhindert. Ein ähnliches System wurde wenige Jahre später in der DE-PS 924 931 vorgeschlagen, wobei über dasselbe Röhrensystem bei Regen die Drainage und bei Schnee die Heizung des Bodens erfolgt.
Eine radikalere Lösung schlägt die DE-OS 20 18 859 vor. Hier wird einfach das gesamte Spielfeld unterkellert. Bei Starkregen wird zwar auch über ein Drainagesystem das Wasser in den Keller in dort untergebrachte Wassertanks geleitet, sie dienen aber nicht als Heizungsrohre. Im Winter wird stattdessen der gesamte Keller beheizt und hält aufgrund seiner Abwärme das Spielfeld eisfrei.
Die Forschung hat im Laufe der letzten Jahre sehr viel dazu beigetragen, besonders strapazierfähige Rasenmischungen für Sportfelder zu entwickeln, so dass die durch eine Heizung auf den Rasen einwirkende Belastung von diesem recht gut abgefedert werden kann. Trotzdem bleibt die Aufgabe, akzeptable Temperaturbedingungen für einen Fußballrasen zu schaffen oder zu erhalten. Lösungen zu dieser Problematik werden z.B. in der EP 1 442 654 B1 behandelt.
Ziel neuerer Weiterentwicklungen ist in erster Linie, eine optimierte Wärmeregulierung innerhalb des Bodens kombiniert mit einer höchstmöglichen Effizienz des Heizsystems zu erreichen.
Zwei Beispiele:
US 6 689 447 B2 zeigt verschiedene Anordnungs-Möglichkeiten für elektrische Heizleitungen oder wasserführende Rohre. DE 102012016909 B3 beschreibt einen Bodenaufbau, bei dem eine Schicht mit erwärmter Luft durchströmt wird, um ein schnelles Erwärmen der Oberfläche zu erreichen.
EP 03895522 A1 beschreibt ein Verfahren zur Steuerung der Bodentemperatur eines Fußballfeldes zur gezielten Unterstützung des Rasenwachstums während der Bestrahlung des Rasens mit einem Wachstumslicht. Dabei erfolgt eine Steuerung der Bodentemperatur unter Berücksichtigung der Bestrahlungsdaten, der Wetterdaten und der Wärmeleitfähigkeit des Bodens mittels Beheizen oder Kühlen des Bodens durch Zuführen eines Heizmediums in ein im Boden verlegtes Rohr.
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
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EP 03895522 A1 | 2019 | Verfahren zur Regelung der Temperatur eines Vegetationsbodens | Steuerung der Bodentemperatur eines Fußballfeldes unter Berücksichtigung der Bestrahlungsdaten, der Wetterdaten und der Wärmeleitfähigkeit des Bodens. |
DE 102012016909 B3 | 2012 | Vorrichtung zur Erwärmung von oberflächennahen Schichten von Plätzen und Verfahren zu deren Betrieb | siehe Titel |
EP 1 442 654 B1 | 2003 | Vegetation ground temperature control method | Verfahren zur Steuerung der Temperatur eines bepflanzten Untergrundes |
US 6 689 447 B2 | 2002 | Artificial surface with integrated thermal regulation for sports and other uses | Kunstoberfläche mit regelbarer Temperatur |
DE-OS 20 18 859 | 1970 | Wetterunabhängiges Fußballfeld | Unterkellerung eines Spielfeldes zur Kompensation von Wettereignissen, die den Spielbetrieb gefährden: Bei Regen, Regenauffangbecken via Drainagen, im Winter Heizung des Spielfeldes durch Heizen des Kellers |
DE-PS 924 931 | 1951 | Einrichtung zur Enteisung, Be- und Entwässerung von Sportfeldanlagen und Nutzbodenflächen | Drainage und Heizung von Rasenflächen mittels eines im Spielfeldboden verlegten Röhrensystems |
GB 631 291 A | 1947 | Improvements in Means for Drying and/or Preventing Freezing of relatively Large Areas of Ground | Rasenheizung mit Rohrleitungssystem, in das heißer Wasserdampf gepumpt wird, welcher das Gefrieren des Bodens verhindert |
II.1.4 Schutz und Pflege des Spielfeldbelages
Auch heute noch ist es sehr häufig, dass das Spielfeld eines Fußballstadions aus Naturrasen besteht. Diesen in einem optimalen Zustand für den Spielbetrieb zu erhalten ist eine schwierige Aufgabe. Dabei stellen weniger extreme Witterungsverhältnisse wie etwa sehr starke Niederschläge oder Trockenheit die größten Problemquellen dar, sondern die Bauweise moderner Stadien.
Trotzdem werden sich viele Leute zurecht an die so genannte "Wasserschlacht von Frankfurt" bei der WM 1974 erinnern, um zu belegen, dass klimatische Ausnahmeereignisse wie ein Wolkenbruch sehr wohl eine Menge Zusatzarbeit verursachen kann, soll der Platz bespielbar bleiben. Oft können nämlich konventionelle Stadiondrainagen (wie DE 20 2008 006 409 U1), die dann auftretenden Wassermengen nicht mehr effektiv genug abführen. Bei dem besagten WM-Zwischenrundenspiel zwischen Deutschland und Polen, in dem der Einzug ins Finale entschieden wurde, stand der Platz wegen Dauerregens vollkommen unter Wasser und die Hilfskräfte im Frankfurter Waldstadion hatten alle Hände voll zu tun, ihn mittels Walzen vom Typ der DE 20 25 943 A1 wieder in einen halbwegs regulären Zustand zu bringen (Figur 4). Mit einer mobilen großflächigen Abdeckung nach dem Traglufthallenprinzip, wie in der DE 20 2006 004 651 U1 vorgeschlagen, wäre es wohl gar nicht erst zu diesem Ausnahmezustand gekommen.
Figur 5: Schubladenkonstruktion zum Verschieben eines Rasenspielfeldes vor ein Stadion (GB 2 263 644 A)
Im Vergleich zu diesem Extrembeispiel erhält der Rasen eines großen Fußballstadions aufgrund der Abschattung durch hohe Tribünen und Dachkonstruktionen heute meist zu wenig Regen, Licht und Luft, um gut gedeihen zu können. Will man nicht ständig mit teurem Rollrasen Schadstellen ausbessern, der zudem eine gewisse Zeit zum Anwachsen benötigt, muss anderweitig entgegengearbeitet werden. Gegenmaßnahmen umfassen zum Beispiel die direkte Bewässerung, etwa mit einem Unterflurbewässerungssystem (DE 20 2008 016 954 U1), die Düngung und Belüftung des Rasens im Stadion oder die Versetzung des gesamten Spielfeldes. Dabei wird dieses z.B. entweder mittels einer Hydraulik wie in einem Lift gegenüber den Rängen in die Höhe gehoben, bis sich die natürlichen Verhältnisse für den Rasen verbessert haben, oder der Rasen wird gleich als ganzes mittels einer Schubladenkonstruktion vor das Stadion geschoben.
So beschreibt beispielsweise JP 2020133103 A ein Stadion mit höhenverstellbarem Spielfeld: Dieses kann in die Dachebene gehoben werden, um eine Belichtung des Rasens zu gewährleisten (siehe auch JP 202230539 A).
Die Schubladenkonstruktion wird in mechanischer Ausführung zum Beispiel genauer in der EP 0 916 003 B1 und der GB 2 263 644 A (Figur 5) beschrieben, in einer einem Ponton ähnlichen Konstruktion in der DE 299 22 797 U1. In allen Fällen bieten sich dem derart verschobenen Rasen in dem außerhalb des Stadions gelegenen Regenerationsbereich nahezu normale Vegetationsbedingungen. "Schubladen" wurden bereits im Gelderlandstadion in Arnheim und der Arena auf Schalke realisiert. Zwei Beispiele für Liftkonstruktionen sind den Schriften DE 101 35 227 A1 (Figur 6) und DE 101 16 637 C2 zu entnehmen.
Will man nicht diesen gewaltigen Hub- oder Verschiebeaufwand betreiben, kann auch versucht werden, die Wachstumsbedingungen für den Naturrasen auf dem Spielfeld durch geschickte bauliche Maßnahmen am Stadion zu verbessern. Eine Möglichkeit besteht in der Anbringung von Reflektorelementen am Stadiondach, die aufgrund ihrer lamellenartigen Konstruktion einen verstärkten Eintrag von Licht bewirken (US 6 873 465 B2). Jedoch wird hierdurch nur ein Mangel behoben.
Daher wenden sich einige komplexere Systeme direkt dem Bereich über dem Rasen zu. Die DE 42 08 305 A1 sieht z.B. eine Abdeckungsvorrichtung vor, unter deren schützender Hülle mit künstlichen Lichtquellen und einer bewegten kohlendioxydreichen Gasatmosphäre versucht wird, ideale Photosynthese-Bedingungen für einen strapazierten Rasen zu schaffen. Vergleichbares sieht sowohl die DE 10 2008 018 459 A1 als auch die WO 00/57689 A1 vor (Figur 7), die ähnlich einem Scanner über den Rasen wandert und ihm regenerationsfreundliche Bedingungen bietet. Die EP 1 269 815 A1 setzt ausschließlich auf eine Begasung. Dem Kohlendioxyd kann hier zusätzlich Wasserdampf und auch Dünger zugesetzt werden.
Die DE 10 2004 019 049 B4 schlägt hingegen vor, das Pflanzenwachstum beispielsweise durch eine Mischung von relativ schwacher Dauerbeleuchtung und LED-Lichtblitzen zu stimulieren, die von einem über den Rasen fahrenden Wagen ausgeht, dessen Unterboden mit entsprechenden Lichtquellen bestückt ist. Die Blitze stoßen aufgrund der hohen Photonenstromdichten die Photosynthese besonders erfolgreich an und führen, da eine lichtstarke Dauerbeleuchtung nicht mehr notwendig ist, auch zu einer vergleichsweise energieeffizienten Regenerationsmethodik.
Dass derartige Rasenregenerationskonzepte keine Hirngespinste sind, zeigt der seit 2002 weltweit zunehmende Einsatz dieser Technologien in den Fußballstadien. Dabei sind Vereine und Stadionbetreiber der englischen Premier League (FC Sunderland, Newcastle United, Arsenal London) und der niederländischen Erendivisie (SC Heerenveen, PSV Eindhoven) als Vorreiter anzusehen. Seit der Saison 2009/10 gehört auch Real Madrid mit seinem Estadio Santiago Bernabéu zum Kreis der Nutzer o.g. Verfahren. Der Rasen wird es den Verantwortlichen vermutlich danken, ist dieses Stadion doch aus seiner Sicht eines der dunkelsten und damit grasfeindlichsten Europas. Auch in der Bundesliga bekommt das Rasenviereck z.B. in den Arenen von Eintracht Frankfurt, dem VfL Wolfsburg und bei Bayern München außerhalb des Spielbetriebs vergleichbare Kuren verpasst, damit sich die Flickarbeiten mit Rollrasen für den Platzwart in Grenzen halten.
In der Rasenpflege gab es in den vergangenen Jahren einige neue Entwicklungen:
Die "Faserbewehrte Rasentragschicht" (DE 20 2015 104 216 U1) verfügt über Bewehrungsfasern aus Kunststoff, die unter normalen Umgebungsbedingungen nicht biologisch abbaubar sind. Bei der Entsorgung des Rasens wird die Tragschicht in einer industriellen Kompostierungsanlage Temperaturen größer als 50° C ausgesetzt, wodurch dann eine biologische Abbaubarkeit der Bewehrungsfasern gegeben ist.
Ein Trockenlegungselement (DE 10 2016 103 065 B3) sorgt für eine schnelle Entwässerung nach einem Regenschauer. Es besteht aus zwei textilen Lagen, die über Abstandselemente fest miteinander verbunden sind, wodurch ein verbessertes Abführen von Wasser erreicht wird.
DE 10 2016 000 392 A1 beschreibt ein Verfahren zur Wachstumsbeschleunigung und Regeneration von Rasenflächen. Eine Bodenbehandlungsvorrichtung beschreibt DE 10 2016 103 853 A1: Über eine Vielzahl von Injektionselementen, die in den Boden einführbar sind, kann Fluid in Form von Gas, Druckluft oder Wasser in den Rasen eingebracht werden kann.
Neben Licht ist Wasser das wichtigste Lebenselixir für den Spielrasen.
Das "Bodensystem für Sportrasenflächen" (DE 202022105544 U1) ist aus mehreren Schichten aufgebaut und verfügt über eine Unterflurbewässerung. Die Schichten sind so aufgebaut, dass Wasser am Versickern gehindert und zurückgehalten wird und gleichzeitig ein kapillarer Aufstieg des Bewässerungswassers zur Rasentragschicht hin erfolgen kann.
DE 102021122711 A1 beschreibt ein computergestütztes Verfahren zur Pflege von Fußballplätzen, bei dem mittels Sensoren Daten gesammelt werden, aus denen sich mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Pflegemaßnahmen ableiten lassen.
Die Bewässerung des Spielfelles mithilfe einer Drohne sieht DE 102019133776 A1 vor. Die Drohne fliegt dabei GPS-gesteuert den Fußballplatz vollautomatisch in Bahnen ab und verteilt das Wasser gleichmäßig über eine Sprühdüse.
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
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DE 202022105544 U1 | 2022 | Bodensystem für Sportrasenflächen | Aus mehreren Schichten aufgebautes Bodensystem, das zusätzlich über eine Unterflurbewässerung verfügt |
DE 102021122711 A1 | 2021 | Verfahren und System zur Pflege von Rasenflächen | Computergestützes Verfahren, wobei mittels Sensoren Bodenparameter, Umgebungsparameter und Zustandsdaten der Rasenfläche gesammelt und gespeichert werden |
JP 202095699 A | 2020 | Building | Stadion mit in der Höhe verstellbarem Spielfeld |
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
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DE 102019133776 A1 | 2019 | Drohnenbewässerung | Eine mit einem Schlauchsystem verbundene Drohne, die zur Bewässerung eines Fußballplatzes eingesetzt werden kann |
DE 10 2016 103 065 B3 | 2016 | Trockenlegungselement für Pflanzen und dessen Verwendung | Mehrlagig; zur Entwässerung |
DE 10 2016 000 392 A1 | 2016 | Vorrichtung und Verfahren zur Wachstumsbeschleunigung und Regeneration von Rasenflächen | siehe Titel |
DE 10 2016 103 853 A1 | 2016 | Bodenbehandlungsvorrichtung, Bodenbehandlungssystem sowie Rohrleitung und/oder elektrische Leitung | mit Injektionselementen für Fluide |
DE 20 2015 104 216 U1 | 2015 | Faserbewehrte Rasentragschicht | Biologisch abbaubare Kunststofffasern |
DE 20 2008 016 954 U1 | 2008 | Integriertes Unterflurbewässerungssystem | Unter dem Rasen eingebrachte Bewässerungsanlage, die die den Wurzeln von unten zugeführte Wassermenge reguliert |
DE 20 2008 006 409 U1 | 2008 | Rinnenbaustein für eine Entwässerungsrinne | Beispiel für eine gängige Drainagerinne in Fußballstadien |
DE 10 2008 018 459 A1 | 2008 | Vorrichtung und Verfahren zur Wachstumsbeschleunigung und Regeneration von Rasenflächen | Automatisch verfahrbares, transparentes Zelt, das regenerationsfreundliche Bedingungen für strapazierten Rasen bietet |
DE 20 2006 004 651 U1 | 2006 | Mobile Abdeckungseinrichtung für Spielfelder | Abdeckplane mit Auszugs- und Koppelmechanismus zum Schutz von Spielfeldern vor unerwünschten Witterungseinflüssen |
DE 10 2004 019 049 B4 | 2004 | Verfahren zur Stimulation des Pflanzenwachstums | Rasenregenerationsmethode mittels lichtschwacher Dauerbeleuchtung und LED-Lichtblitzen zur Stimulation der Photosynthese |
US 6 873 465 B2 | 2002 | Installation for increasing the light yield on the playing surface in a stadium | Reflektoren an einem Stadiondach um die Lichtverhältnisse für einen Rasen zu verbessern |
DE 101 35 227 A1 | 2001 | Arena, insbesondere Sportarena | Liftkonstruktion für ein Rasenspielfeld, um dieses gegenüber den Tribünen anzuheben und dadurch bessere Vegetationsbedingungen zu ermöglichen |
EP 1 269 815 A1 | 2001 | Vorrichtung zur Begasung von Rasenflächen | Vorrichtung zur Verbesserung der Vegetationsbedingungen für einen Rasen auf einem Fußballplatz |
DE 101 16 637 C2 | 2001 | Veranstaltungsbau mit vertikal verlagerbarem Gebäudeabschnitt | Liftkonstruktion für ein Rasenspielfeld, um dieses gegenüber den Tribünen anzuheben und dadurch bessere Vegetationsbedingungen zu ermöglichen |
WO 00/57689 A1 | 2000 | System and method to benefit the growth conditions of grass plants entered in grass courts | Rollenbewegtes Rasenregenerationsgerät für ein Spielfeld |
DE 299 22 797 U1 | 1999 | Stadion | Spielfeld, das auf Schwimmkörpern gelagert wird und daher leicht verschiebbar ist |
EP 0 916 003 B1 | 1996 | Sportfeld, insbesondere Fußballfeld, und Verfahren zu dessen Horizontalverlagerung | Schubladenkonstruktion für das Verschieben eines Rasenplatzes vor ein Stadion |
GB 2 263 644 A | 1992 | Event complex | Schubladenkonstruktion für das Verschieben eines Rasenplatzes vor ein Stadion |
DE 42 08 305 A1 | 1992 | Verfahren und Vorrichtung zur Wachstumsförderung von Pflanzen | Beleuchtungs- und Begasungsvorrichtung für einen Rasenplatz |
DE 20 25 943 A1 | 1970 | Vorrichtung zur Aufnahme von Wasser von planierten Flächen | "Wasserwalze" zur Entwässerung von Spielfeldern mit Wasseraufnahmebehälter und Abstreifrolle |