IX. Analyse und Daten
Es ist DER Trend der letzten Jahre, und zwar nicht nur im Profi-Betrieb, sondern auch bei Freizeitsportlern, Fitnessfreunden und Gesundheitsbewußten: die Messung und Erfassung biometrischer Daten. Vom einfachen Schrittzähler über Smartwatches und Fitness-Apps bis hin zu hochkomplexen Überwachungssystemen für komplette Teams ist jeglicher Sport in den letzten Jahren der kompletten digitalen Erfassung anheimgefallen.
Die Leistungsmessung, die im Sport schon immer eine zentrale Rolle gespielt hat, wurde dank zahlreicher neuer Entwicklungen auf ein völlig neues Niveau gehoben. Jogger posten ihre Zeiten in sozialen Netzwerken, Bergsteiger teilen ihre Routen und Pulsdaten im Netz und Fußballtrainer können heute jeden Herzschlag und jeden einzelnen Schritt ihrer Spieler überwachen.
IX.1 Biometrische Datenerfassung
Aus der Fülle von neuen technischen Entwicklungen zur Erfassung biometrischer Daten bei Sportlern möchten wir hier nur einige Beispiele exemplarisch vorstellen.
Die meisten Verfahren sehen vor, ein Erfassungsgerät direkt am Spieler zu platzieren:
"Erfassung biometrischer Daten von Sportlern" (DE 10 2008 049 380 A1) sieht einen Messwertaufnehmer vor, der räumliche Bewegungen erfasst, einen 3-D-Beschleunigungs-Sensor, einen 3-D-magneto-sensitiven Sensor oder ein 3-D-Gyroskop. Ein Zwischenspeicher sammelt die Daten und sendet sie mit einem individuellen ID-Code an einen zentralen Server, der sie nach vorgegebenen Parametern analysiert. Dieses Verfahren soll in der Lage sein, u.a. jede Bewegung aller Körperteile, die maximale Schlussbeschleunigung eines Fußballs oder verschiedene Bewegungsmuster wie Dribblings zu erkennen.
Es hilft somit nicht nur dem Trainer, das Leistungsvermögen einzelner Spieler exakt zu beurteilen oder das Spielverhalten einer gesamten Mannschaft zu analysieren. Es soll auch ermöglichen, Szenen berühmter Fußballspiele detailgenau und naturgetreu wieder zu geben, etwa bei PC-Spielen. Die Analysedaten einzelner Spieler ließen sich auch live auf der Anzeigentafel im Stadion darstellen.
Nach einem ähnlichen Prinzip arbeitet DE 10 2016 102 083 A1: Eine inertiale Messeinheit wird an einem Hüftgurt getragen und umfasst Sensoren für Beschleunigung, Drehratensensor, GNSS-Sensor und Magnetfelder. Es ermöglicht beispielsweise, die Bewegung der Spieler auf einem Bildschirm grafisch darzustellen, um deren Interaktion miteinander zu verfolgen und hieraus eine Spielstrategie abzuleiten.
Auch DE 20 2016 100 594 U1 beschreibt ein System zur Erfassung von biomechanischen und biometrischen Daten eines Fußballspielers mittels eines Beschleunigungssensors und eines Drehratensensors, eines GNSS-Sensors und eines Magnetfeldsensors.
Die "Tragbare Sportüberwachungsausrüstung und Verfahren zum Charakterisieren von Sport-Verrichtungen oder Sport-Personen" (DE 10 2015 120 044 A1) arbeitet ebenfalls mit verschiedenen Sensoren, aber auch mit einem Algorythmus, der das Herzschlagssignal etwa unter voller körperlicher Belastung zu den Charakteristika anderer periodischer Situationen in Relation setzen kann.
Die "Vorrichtung und Verfahren zum mobilen Ermitteln eines physiologischen Belastungsschwellwerts" (DE 10 2013 211 908 A1) erfasst das geatmete Lungenvolumen. Der "auf dem Prinzip der respiratorischen induktiven Plethysmographie basierende" Sensor ist hier im Trikot eingearbeitet, kann somit nicht verrutschen und arbeitet verlässlicher.
Andere Systeme (z.B. DE 10 2015 003 383 A1) verstecken die Sensoren im Schienbeinschoner.
EP 2 370 186 B1 schlägt dagegen vor, sowohl den Fußball als auch die Schuhe der Spieler mit Kraft- und Trägheitssensoren zu versehen, die Daten zusammenzuführen und daraus Spieler- und Mannschaftsbezogene Statistiken und Metriken zu erzeugen.
Dennoch können Geräte, die am Körper getragen werden, den Sportler behindern oder bei Kontaktsportarten wie Fußball sehr leicht beschädigt werden. Die "Aktivitätsstatus-Messvorrichtung" (DE 10 2016 108 691 A1) geht daher einen anderen Weg: Drahtlose Vitalsensoren zum Erfassen biometrischer Daten von Individuen werden an vorbestimmten Anbringungsorten, etwa am Spielfeldrand, angebracht. Die Sensoren sind so konfiguriert, dass sie die biometrischen Daten eines mobilen Individuums erfassen, sobald es ihren Sensierbereich betritt. Diese Identifikationssensoren arbeiten mittels RFID-Daten.
Ganz ohne Sensoren arbeitet "Characterizing motion patterns of one or more agents from spatiotemporal data" (US 9 740 984 B2): Hier wird eine Spielanalyse und Berechnung von Metriken basierend auf einer Auswertung von Bewegtbildern eines kompletten Teams mittels Bildverarbeitungsverfahren mit Modellierung von Bewegungsmustern und mit statistischen Methoden beschrieben.
Die Interaktion zwischen einem Objekt und einem Teil des menschlichen Körpers will US 20220035456 A1 mittels Bildverarbeitungstechnologie analysieren, beispielsweise das Jonglieren eines Fußballs auf den Knien. Das soll die "Präzision der Ausführung" verbessern. Schwer zu sagen, ob das optimierte Jonglieren Spieler wirklich besser machen würde ... schließlich gilt doch nach wie vor die alte Maxime: Flach spielen, hoch gewinnen!
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
---|---|---|---|
US 20220035456 A1 | 2022 | Methods and systems for performing object detection and object/user interaction to assess user performance | Mittels Bildverarbeitungstechnologie wird Interaktion zwischen Objekt und Körpers analysiert |
DE 10 2016 108 691 A1 | 2016 | Aktivitätsstatus-Messvorrichtung | Drahtlose Vitalsensoren zum Erfassen biometrischer Daten von Spielern werden z.B. am Spielfeldrand angebracht |
DE 10 2016 102 083 A1 | 2016 | Verfahren zur Erfassung von biomechanischen und biometrischen Daten und Vorrichtung hierfür | Eine inertiale Messeinheit mit Beschleunigungssensor, Drehratensensor, GNSS-Sensor und ein Magnetfeldsensor wird an einem Hüftgurt getragen |
DE 20 2016 100 594 U1 | 2016 | System und Vorrichtung zur Erfassung von biomechanischen und biometrischen Daten | Erfassung von Daten eines Fußballspielers mittels Sensoren |
DE 10 2015 120 044 A1 | 2015 | Tragbare Sportüberwachungsausrüstung und Verfahren zum Charakterisieren von Sport-Verrichtungen oder Sport-Personen | Arbeitet mit verschiedenen Sensoren, aber auch mit einem Algorithmus |
DE 10 2015 003 383 A1 | 2015 | Schienbeinschoner mit intregriertem multimodalen Sensorsystem | Mess-Sensoren im Schienbeinschoner |
EP 2 370 186 B1 | 2015 | System und Verfahren zur Überwachung der athletischen Leistung in einer Mannschaftssportumgebung | Fußball und Schuhe werden mit Kraft- und Trägheitssensoren versehen, die Daten zusammengeführt und daraus Statistiken erzeugt |
DE 10 2013 211 908 A1 | 2013 | Vorrichtung und Verfahren zum mobilen Ermitteln eines physiologischen Belastungsschwellwerts | Sensor zum Erfassen des geatmeten Lungenvolumens ist in ein Trikot eingearbeitet und kann nicht verrutschen |
US 9 740 984 B2 | 2012 | Characterizing motion patterns of one or more agents from spatiotemporal data | Spielanalyse und Berechnung von Metriken basierend auf einer Auswertung von Bewegtbildern |
DE 10 2008 049 380 A1 | 2008 | Erfassung biometrischer Daten von Sportlern | Erfassungsgerät, das jede Bewegung, Schlussbeschleunigung eines Fußballs oder Bewegungsmuster wie Dribblings erkennt |
IX.2 Spielanalyse
Seit den 1990er Jahren ist es zunehmend üblich geworden, zahlreiche verschiedene Daten rund um ein Fußballspiel zu erfassen: zunächst Torschüsse und -chancen, dann Ballbesitz, Laufleistung, gewonnene Zweikämpfe und vieles mehr. Mussten diese Parameter anfangs noch mühsam per Hand erfasst werden, halfen bald zahlreiche Neuentwicklungen bei der Datensammlung.
Einige Beispiele aus der jüngsten Zeiten seien hier genannt:
"Tracking activities of events" (WO 2016087713 A1) hilft bei der Erfassung von Spielereignissen: Ballbesitz, Pässe etc. können mittels Touch-Gesten eingegeben werden, Spielernamen mittels Mikrophon. Auch die Erstellung von Heat Maps und die Datenauswertung wird erleichtert.
Möchte man bestimmte Aktionen von einzelnen Spielern filmisch analysieren, hilft das "Verfahren zum Verknüpfen von Videobildern einer Person mit einem Ereignis" (DE 102015207415 A1): Es ermöglicht eine Videozusammenfassung, die mit Daten der Sensoren, die von Sportlern getragen werden, synchronisiert ist. Somit können gewünschte Ereignisse, z. B. Schüsse eines Spielers, schneller angezeigt werden.
Das "Group Performance Monitoring System" (US 020170216669 A1) beschreibt ein System und Verfahren zur Gruppenleistungsüberwachung für Trainer. Eine vereinfachte Spielanalyse verspricht US 020160379682 A1.
Ein weiteres elektronisches Analyseverfahren beschreibt US 20140039651 A1:
Hier wird vorgeschlagen, einzelne Sportler durch Analyse ihrer Bewegungsmuster, die mit Sensoren in einem Ball erfasst werden, zu bewerten und miteinander zu vergleichen.
Eine neue Entwicklung für die optimale Analyse von Videomaterial schlägt EP 3270327 A1 vor: Es synchronisiert die Videobilder des Spielfeldes mit den individuellen Positionsangaben zu den einzelnen Spielern.
Wenn eine schnelle Analyse des Spielgeschehens erforderlich ist, könnte
WO 2015130773 A1 hilfreich sein: Hier wird die Auswertung eines Spielverlaufs für einen Spieler, Schiedsrichter oder Trainer durch die Verknüpfung von Videodaten aus einer Augmented Reality Brille (Google Glass) und von Sensordaten aus einem Ball beschrieben, wobei Spielszenen entweder während oder nach einem Spiel ausgewertet und beurteilt werden können.
Dank der ständig steigenden Rechenleistung von Smartphones erlauben Erfindungen wie US 020190324626 A1 die Erfassung von Statistiken während eines Spiels in Echtzeit. Mittels eines einfachen grafischen User-Interfaces auf einem mobilen Computer, z.B. Smartphone oder Tablet, stehen relevante Auswertungen und Statistiken zum Spiel sofort bereit, was sowohl für Zuschauer als auch Trainer interessant sein dürfte.
Künstliche Intelligenz (KI) hat längst auch im Fußball Einzug gehalten. Zur nachträglichen Spielanalyse, aber auch zur Unterstützung des Schiedsrichters könnte US 20200404174 A1 eingesetzt werden: Eine KI-Form kann durch maschinelles Lernen in einem Videostream einen beweglichen Bereich von Interesse innerhalb eines Sportfeldes automatisiert bestimmen und untersuchen.
Auch US 20200394413 A1 basiert auf KI: Mithilfe eines neuronalen Netzwerks
analysiert sie den Dribbel-Stil ('stepover', 'elastico', 'chop') eines Spielers aus Videodaten durch die Ermittlung von Skelettdaten.
Der Videobeweis mittels Kameras stößt an seine Grenzen, wenn Aktionen (etwa durch unbeteiligte Mitspieler) verdeckt werden. Mitunter lässt sich die Position eines Spielers womöglich nicht ganz eindeutig bestimmen, was besonders bei Verdacht auf Abseits kritisch ist. US 20230334860 A1 verfolgt den Ansatz, Bild- und Positionsdaten zu kombinieren und so ein lückenloses, genaues
Spielertracking zu erreichen.
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
---|---|---|---|
US 20230334860 A1 | 2023 | Method for tracking sport participants, device for tracking sport participants, and system for tracking sport participants | Spielertracking erfolgt unter Verwendung von Bild- und Positionsdaten |
US 20200404174 A1 | 2020 | Computer-implemented method for automated detection of a moving area of interest in a video stream of field sports with a common object of interest | Automatisiertes Bestimmen eines beweglichen Bereichs in einem Videostream durch maschinelles Lernen |
US 20200394413 A1 | 2020 | Athlete style recognition system and method | Analysiert mit einem neuronalen Netzwerk den Dribbel-Stil ('stepover', 'elastico', 'chop') eines Spielers |
US 020190324626 A1 | 2019 | Methods and Systems for Recording Statistics Associated with a Sporting Event | Erfassung von Statistiken während eines Spiels mit grafischem User-Interface auf einem mobilen Computer |
EP 3270327 A1 | 2017 | Information Processing Apparatus, Method and Computer Program Product | Verfahren für die optimale Analyse von Videomaterial |
US 020170216669 A1 | 2017 | Group Performance Monitoring System | System und Verfahren zur Gruppenleistungsüberwachung für Trainer |
US 020160379682 A1 | 2016 | Apparatus, Method and Computer Program | Vereinfachte Spielanalyse |
DE 10 2015 207 415 A1 | 2015 | Verfahren und Gerät zum Verknüpfen von Bildern in einem Video einer Aktivität einer Person mit einem Ereignis | Ermöglicht eine Videozusammenfassung, die mit Daten der Sensoren an Sportlern synchronisiert ist |
WO 2015 130 773 A1 | 2015 | Sporting Device and Wearable Computer Interaction | Schnelle Analyse des Spielgeschehens durch die Verknüpfung von Video-Daten aus einer Augmented-Reality-Brille und von Sensordaten aus einem Ball. |
WO 2016087 713 A1 | 2014 | Tracking activities of events | Hilft bei der Erfassung von Spielereignissen: Ballbesitz, Pässe etc. können mittels Touch-Gesten eingegeben werden, Spielernamen mittels Mikrophon. |
US 2014 0 039 651 A1 | 2013 | Electronic Analysis of Athletic Performance | Elektronisches Analyseverfahren, das Bewegungsmuster, die mit Sensoren in einem Ball erfasst werden, bewertet und vergleicht |
IX.3 Spielanalyseinstrumente für Fernsehzuschauer
Wie wäre es, wenn man schon während des Spiels wissen könnte, wie es am Ende ausgeht?
Zwei neue Entwicklungen können Spielverläufe automatisch auswerten und Ergebnisse prognostizieren:
"System for interactive sport analytics" (WO 2017106390 A1) ist eine computergestützte Spielanalyse, die die Ähnlichkeit zu Spielverläufen aus einer historischen Datenbank herstellen möchte und vom Zuschauer gesteuert werden kann, um auch Wahrscheinlichkeiten für den weiteren Spielverlauf anzuzeigen.
"System and method for assessing or predicting a match outcome" (WO 2015 076 682 A1) ermöglicht eine Spielanalyse, die ebenfalls auf historischen Daten aufbaut und versucht, entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen, um ein wahrscheinliches Ergebnis eines Fußballspiels bereits vor dem Ende vorhersagen zu können.
Heißes Match oder Grotten-Kick? Eine besonders interessante Analyse-Idee für den Fußball-Fan vorm Fernseher beschreibt "Generating excitment levels for live performances" (US 2014 0 067 939 A1): Wenn man Fußballspiele nicht live, sondern zeitversetzt ansieht, möchte man zwar das Ergebnis nicht vorab kennen, aber doch gerne wissen, ob sich das Ansehen überhaupt lohnt. Daher wird hier vorgeschlagen, entsprechende Metriken zu berechnen, die die Spannung und den Unterhaltungswert beschreiben und diese Informationen dem Zuschauer zur Verfügung zu stellen.
So ein Instrument könnte gerade bei einer Weltmeisterschaft mit ihren zahlreichen Partien, die man ja nicht immer alle sehen kann und will, reizvoll sein!
Das war doch ein klares Foul! Jeder Fußball-Fan kennt es, dieses dringende Bedürfnis, dem Schiedsrichter mal so richtig die Meinung zu sagen und seine Pfiffe zu kommentieren. Da kommt "System and method of penalty data compilation, analysis and report Generation" (US 2014 0 244 696 A1) gerade recht: Hier wird eine Plattform vorgeschlagen, bei der die Schiedsrichter und ihre Entscheidungen anhand von Spielszenen (Videosequenzen) beurteilt und bewertet werden können.
Der Traum eines jeden Fans aber ist es, in das Spiel eingreifen zu können. Unter dem nüchternen Titel "Verfahren, Vorrichtung und Computerprodukt" (WO 2014 177 225 A1) wird eine Möglichkeit der Partizipation der Fans und Zuschauer beschrieben: Bei bestimmten Spielereignissen können zur Echtzeit Meinungsumfragen durchgeführt werden, um beispielsweise abzustimmen, wer einen Elfmeter schießen sollte. Fragt sich nur, ob der Trainer darauf hören würde ...
Live im Stadion ist Fußball am schönsten; auch gemeinsames Schauen auf Großleinwände verspricht ein tolles Gruppenerlebnis. Aber heute gibt es auch einen gewissen Trend zur digitalen Vereinzelung. DE 112019001052 T5 optimiert die Wiedergabe eines Fußballspiels auf einer Virtual-Reality-Brille. Dies geschieht mithilfe einer Vorrichtung zur Reduzierung der "Bewegungskrankheit", die oft beim Umschalten zwischen verschiedenen Betrachtungswinkeln auftritt. Es geht also um ein möglichst ruckelfreies multiperspektivisches Bild in der VR-Brille.
Die Video-Wiedergabe einer Spielszene aus verschiedenen Perspektiven ist heute dank zahlreicher Kameras im Stadion fast Standard. US 20220141440 A1 bietet zusätzlich die Anzeige einer Szene aus einem virtuellen Blickwinkel.
Foul ist, wenn der Schiri pfeift? Meist wollen es die Zuschauer besser gesehen haben als der Schiedsrichter, ob eine Aktion regelwidrig war oder nicht. Dank DE 102020117372 A1 brauchen sie ihn auch eigentlich gar nicht mehr: Die KI-gestützte Erfindung erkennt Vorkommnisse in audiovisuellen Daten und bestimmt auf der Basis von "Deep Learning", ob etwa ein Foul vorliegt und Freistoß gegeben werden muss. Die Erfindung möchte also den Zuschauern einer Übertragung Zusatzinformation bieten, ohne dass der menschliche Beobachter - also der Schiri - mitmischt. Eine automatische Foul-Erkennung, praktisch. Vielleicht die folgenreichste Idee zur Regelüberwachung seit Zeitlupe und Videoschiedsrichter? Man wird sehen ...
Auf dem Spielfeld ist oft ganz schön viel gleichzeitig los: 22 Mann jagen einem Ball hinterher, der Schiedsrichter und seine Assistenten laufen umher, manchmal verirren sich auch Wurfgegenstände, Tiere oder Flitzer auf den Platz ... Da ist es für Kameraleute und KI-gestützte Erfassungssysteme gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten. US 20230252653 A1 will helfen: Die Erfindung "trackt" den Ball oder einzelne Spieler, indem aus mehreren Kameras ein Panorama erstellt wird, das sich ausschließlich auf die Darstellung des Spielfelds beschränkt. Das verbessert die Fokussierung und verhindert etwa, dass Objekte im Zuschauerbereich fälschlicherweise als Ball erkannt werden. Außerdem lässt sich u.a. eine kameraunabhängige Zoomstufe vorgeben.
Mancher Fernsehzuschauer ärgert sich, wenn irgendwelche Einblendungen genau das überdecken, was man gerade sehen wollte. Hier weiß US 20240054614 A1 Rat: Sie bestimmt die optimale Position für Einblendungsgraphik im Videostream und stellt somit sicher, dass wichtige Bildbereiche nicht verdeckt werden. Ball und Spielergesichter etwa dürfen nie überblendet werden, der Rasen dagegen schon.
Ebenfalls der Optimierung des Fernsehbildes widmet sich US 20200066028 A1: Virtuelle Kamerapositionen einer Sportstätte werden aus Daten mehrerer Kameras berechnet. Nach dem bisherigen Stand der Technik wird dabei der Vordergrund oft perspektivisch verändert. Hierbei können statische 3D-Strukturen verzerrt werden, weil diese als Hintergrund oder Teil der Spielfläche betrachtet werden. Im Vorfeld wird daher eine 3D-Darstellung der statischen Objekte (etwa Fußballtore) gewonnen, damit diese ebenfalls perspektivisch korrekt angezeigt werden können.
Manchmal scheint bei einem Distanzschuss die Zeit kurz stehen zu bleiben, und im Bruchteil einer Sekunde schießt dem Zuschauer die Frage durch den Kopf: Wird der Ball 'reingehen? US 20190266735 A1 weiß die Antwort: Mit dem Handy wird ein Schuss aufs Tor gefilmt, aus mehreren Frames wird eine Trajektorie berechnet und damit bestimmt, ob der Ball ins Tor geht. Zusätzliche Statistiken über den Schuss können ebenfalls angezeigt werden, etwa Wahrscheinlichkeitsbereiche, ob ein Torwart den Schuss halten würde.
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
---|---|---|---|
US 20240054614 A1 | 2024 | Auto safe zone detection | Bestimmt Position von Einblendungsgraphik in Videostream, so dass wichtige Bildbereiche nicht verdeckt werden |
US 20230252653 A1 | 2023 | Method for detecting and/or tracking moving objects within a certain zone and sports video production system in which such a method is implemented | Trackt Ball/Spieler, indem aus mehreren Kameras ein Panorama erstellt wird. |
US 20220141440A1 | 2022 | Information processing apparatus | Anzeige aus einem virtuellen Blickwinkel, um dem Benutzer das Gefühl eines Live-Erlebnisses zu vermitteln |
DE 102020117372 A1 | 2020 | Verfahren und System zur automatischen Analyse von Sportveranstaltungen | Erkennt Vorkommnisse in audiovisuellen Daten und bestimmt durch Deep Learning das Ereignis |
US 20200066028 A1 | 2020 | Generation apparatus, system and method for generating virtual viewpoint image | Virtuelle Kamerapositionen einer Sportstätte werden aus Daten mehrerer Kameras berechnet, damit Hintergründe perspektivisch korrekt angezeigt werden können |
US 20190266735 A1 | 2019 | Measuring a property of a trajectory of a ball | Mit bspw. Handy wird Schuss aufs Tor gefilmt. Aus mehreren Frames werden der Ball und das Tor detektiert, eine Trajektorie berechnet und damit bestimmt, ob der Ball ins Tor geht |
DE 112019001052 T5 | 2019 | Datenverarbeitungsvorrichtung, Datenverarbeitungsverfahren und Programm | Videowiedergabe eines Fußballspiels mit einer Vorrichtung zur Reduzierung der Bewegungskrankheit bei Umschalten der Betrachtungswinkel |
WO 2017 106 390 A1 | 2015 | System for interactive sport analytics | Computergestützte Spielanalyse, die die Ähnlichkeit zu Spielverläufen aus einer historischen Datenbank herstellen möchte |
US 2014 0 244 696 A1 | 2013 | System and method of penalty data compilation, analysis and report Generation | Plattform, bei der die Schiedsrichter und ihre Entscheidungen anhand von Spielszenen beurteilt und bewertet werden können |
WO 2015 076 682 A1 | 2013 | System and method for assessing or predicting a match outcome | Ermöglicht eine Spielanalyse, die auf historischen Daten aufbaut und versucht, das Ergebnis eines Fußballspiels vorhersagen zu können |
WO 2014 177 225 A1 | 2013 | Verfahren, Vorrichtung und Computerprodukt | Möglichkeit der Partizipation der Fans und Zuschauer: Bei bestimmten Spielereignissen können zur Echtzeit Meinungsumfragen durchgeführt werden |
US 2014 0 067 939 A1 | 2012 | Generating excitment levels for live performances | Berechnung entsprechender Metriken, die die Spannung und den Unterhaltungswert beschreiben; diese Informationen werden dem Zuschauer zur Verfügung gestellt |
IX.4 Verletzungen
Dahin gehen, wo es weh tut: Fußball ist ein kraftraubender Sport mit einem hohen Verletzungsrisiko. Um eine rasche Diagnose zu einer Verletzung oder Aufschluss über mögliche gesundheitliche Belastungen zu erhalten, wurden in letzter Zeit etliche Schnelltests entwickelt.
Die Patentdokumente lassen sich in 3 Gruppen einteilen: die Messung des antioxidativen Schutzvermögen des Körpers, die Bestimmung von Hirnverletzungen anhand von Schnelltests in Körperflüssigkeiten sowie die Bestimmung von Gelenkknorpelschäden anhand eines Schnelltests in Körperflüssigkeit.
Der Messung des Oxidation-Reduktions-Potenzials eines Sportlers in Körperflüssigkeitsproben zur Vermeidung gesundheitsgefährdender Erschöpfungszustände dient US 020170059549 A1.
Auch DE 102012003595 A1 beschreibt ein "Verfahren und Testbesteck für die patientennahe Beurteilung des Zustandes des antioxidativen Schutzes gegen oxidativen Stress im Organismus".
Gehirnerschütterungen kommen im Fußball nicht selten vor. In jüngster Zeit wurden zahlreiche Bluttests entwickelt zur Vorhersage des individuellen Risikos, nach einer leichten Gehirnerschütterung Spätfolgen davonzutragen (z.B. WO 002016160742 A1, WO 002018005791 A1; WO 002016166419 A1). Diese Tests sind einfacher als herkömmliche bildgebende Verfahren.
Auch für eine andere unangenehme, folgenreiche Verletzung - Gelenkknorpelschäden - wurden Bluttest entwickelt, etwa das "Verfahren zum Nachweis von Denaturierung oder Schäden im Gelenkknorpel" (EP 02128615 B1).
Generell gilt, dass diese Methoden nicht fußballspezifisch sind, und allgemein Sportlern dienen, die hohe körperliche Leistung erbringen oder einem gewissen Verletzungsrisiko, insbesondere im Kopfbereich, ausgesetzt sind.
Publikationsnummer | Jahr | Titel | Kurzbeschreibung |
---|---|---|---|
WO 002018005791 A1 | 2016 | Circulating biomarker levels for diagnosis and risk-stratification of traumatic brain injury | Bluttest, einfacher als bildgebende Verfahren, zur Vorhersage des individuellen Risikos, nach einer leichten Gehirnerschütterung Spätfolgen davonzutragen |
US 020170059549 A1 | 2016 | Methods and Systems for Measuring and Using the Oxidation-Reduction Potential of a Biological Sample | Messung des Oxidation-Reduktions-Potenzials eines Sportlers in Körperflüssigkeitsproben zur Vermeidung gesundheitsgefährdender Erschöpfungszustände |
WO 002016160742 A1 | 2015 | Biomarkers and methods of diagnosing and prognosing mild traumatic brain injuries | Bluttest zur Vorhersage des individuellen Risikos, nach einer leichten Gehirnerschütterung Spätfolgen davonzutragen |
WO 002016166419 A1 | 2015 | Prognostic and diagnostic glycan-based biomarkers of brain damage | Bluttest zur Vorhersage des individuellen Risikos, nach einer leichten Gehirnerschütterung Spätfolgen davonzutragen |
DE 102012003595 A1 | 2012 | Verfahren und Testbesteck für die patientennahe Beurteilung des Zustandes des antioxidativen Schutzes gegen oxidativen Stress im Organismus | Messung des Oxidation-Reduktions-Potenzials eines Sportlers in Körperflüssigkeitsproben zur Vermeidung gesundheitsgefährdender Erschöpfungszustände |
EP 02128615 B1 | 2007 | Verfahren zum Nachweis von Denaturierung oder Schäden in Gelenkknorpeln | Bluttest für Gelenkknorpelschäden |