Fußball und Technik

Deutsches Patent- und Markenamt

 

Die Trillerpfeife und andere Signalgeräte

Trillerpfeife, Karten und was der Unparteiische sonst noch so braucht.

1. Die Trillerpfeife und andere Signalgeräte

1.1. Die Entwicklung der Trillerpfeife

Die Trillerpfeife stellt sicherlich - neben den gelben und roten Karten - das prägnanteste Utensil des Schiedsrichters dar. Trillerpfeifen finden allerdings neben dem Fußball nicht nur in anderen Sportarten, sondern auch in zahlreichen Bereichen des Lebens Verwendung, beispielsweise bei der Polizei, bei der Bahn oder bei Rettungsdiensten, und früher auch bei der Post. Anders als die Schuhe oder die Spielerausrüstung muss die Trillerpfeife auch nicht unbedingt in besonderer Weise an die Beschaffenheit des Fußballspiels angepasst werden.

Frühe kugellose Pfeife der GB 1885-435LupeAbb. 1a: Frühe kugellose Pfeife der GB 1885-435

Im Jahr 1878 wurde erstmals eine Messingpfeife ohne Kugel (vgl. Abbildung 1a) bei einem Fußballspiel des Nottingham Forrest Football Club eingesetzt. Diese wurde von dem Werkzeugmacher Joseph Hudson hergestellt, der ein Faible für Pfeifen hatte. Die GB 1885-435 beschreibt eine ähnliche kugellose Pfeife aus dieser Zeit. Diese wurde schon bald durch die wesentlich lautere Trillerpfeife ersetzt.

Auch die erste Trillerpfeife wurde gegen Ende der 1860er Jahre ebenfalls von Joseph Hudson entwickelt, der ein begeisterter Hobbygeiger war. Nachdem ihm eines Tages seine Geige auf den Boden gefallen war und während dem Zerbersten von Steg und Saiten einen außergewöhnlichen und schrillen Klang von sich gegeben hatte, war sein Ehrgeiz geweckt, diesen Klang mit einer Pfeife nachzuahmen.

Zusammenbau einer Trillerpfeife aus dem Jahr 1936LupeAbb. 1b: Zusammenbau einer Trillerpfeife aus dem Jahr 1936 nach GB 447,673

Er entwickelte eine aus einem Hohlraum bestehende Pfeife, in die eine kleine erbsengroße Kugel eingebracht war (daher der englische Name "pea whistle"), deren Bewegung im Hohlraum das typische Trillern der Pfeife erzeugt, das ihr im Deutschen den Namen gab. Die erstaunliche Lautstärke der Trillerpfeife machte sie für die Londoner Polizei interessant, wo sie schon bald die bisher als Signalgerät verwendete Handrassel ersetzte. Wenig später wurde sie auch erstmals bei Fußballspielen eingesetzt. Die Abbildung 1b) zeigt den Zusammenbau einer Trillerpfeife aus dem Jahr 1936. Nach dem Einbringen der Kugel (4) werden die beiden Hälften des Pfeifengehäuses über die äußeren Rippen (10 und 11) passend ineinander gebracht und mit Hilfe der Öse (9) fixiert. Die Pfeife weist außerdem einen Ring (6) zur Befestigung der Pfeife an einer Kette oder Schnur auf.

Zusammenbau einer Trillerpfeife aus Kunststoff aus dem Jahr 1946  Das Trillergehäuse  wird mit einem Deckel  verschlossen, der über den Stift fixiert wird.LupeAbb. 1c: Zusammenbau einer Trillerpfeife aus Kunststoff aus dem Jahr 1946 nach GB 620,720. Das Trillergehäuse (11) wird mit einem Deckel (13) verschlossen, der über den Stift (18) fixiert wird.

Im Laufe der Jahre wurde diese Trillerpfeife kontinuierlich weiterentwickelt bald auch aus Plastik gefertigt (Abbildung 1c). Sie ist noch immer unter ihrem ursprünglichen Namen "Thunderer" bekannt und stellt derzeit die am weitesten verbreitete Trillerpfeife dar.

Ein Nachteil der Trillerpfeifen liegt in den mechanischen Eigenschaften der für den Klang verantwortlichen Kugel. Bei zu heftigem Einblasen in die Pfeife kann diese blockieren, wodurch nur noch ein hohes Quietschen oder unter Umständen auch überhaupt kein Ton mehr erzeugt werden kann. Wegen dieses Nachteils wurde daher versucht, eine kugellose Pfeife zu entwickeln, die der Lautstärke und dem Klang einer Trillerpfeife nahe kommt.
Die Lösung des Problems liegt darin, eine Pfeife mit zwei Kammern zu versehen, die auf leicht unterschiedliche Tonhöhen abgestimmt sind. Auf diese Weise kann ein dem Trillern der Kugel sehr ähnlicher und lauter Klang erzeugt werden. Ein Großteil der Schiedsrichter greift heutzutage wegen ihrer größeren Verlässlichkeit auf diese unter dem Namen "Tornado" bekannten, kugellosen Trillerpfeifen zurück.

Kugellose Trillerpfeife aus dem Jahr 1999LupeAbb. 1d: Kugellose Trillerpfeife aus dem Jahr 1999 nach EP 1020844 A2.

Eine solche kugellose Trillerpfeife aus dem Jahr 1999 ist in der EP 1 020 844 beschrieben: Zwei Klangkammern (2, 3) mit den Öffnungen (4, 5) sind über eine schmale Wand W1 voneinander getrennt, deren Ende zwei Flächen im Winkel von 45° zur Führung des Luftstroms aufweist (vgl. Abbildung 1d). Die Pfeife erreicht schon bei einem Einblasdruck von nur 0,035 atü eine Lautstärke von 90 Dezibel. Eine weitere Alternative stellen die so genannten Schrillpfeifen dar, deren charakteristischer Ton durch das Anschneiden der durch den Mund ausgeatmeten Luft erzeugt wird.

Es würde hier zu weit führen, die allgemeine, technische Entwicklung der Triller- und Schrillpfeifen noch weiter im Detail darzustellen. Da die Trillerpfeife ein in so vielen verschiedenen Bereichen verwendeter Gebrauchsgegenstand ist, findet das Fußballspiel in den meisten Patentschriften zu diesem Thema auch nur selten Erwähnung. Die in der Tabelle genannten Patentschriften stellen einige aktuelle repräsentative Beispiele dar, in denen unterschiedliche Pfeifen mit unterschiedlichen Klangkammerformen (und damit unterschiedlichen Klangprofilen) beschrieben werden.

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Patentdokumente zu diesem Abschnitt
PublikationsnummerJahrTitelKurzbeschreibung
EP 1 020 844 A2   2000   Whistle   Moderne kugellose Trillerpfeife mit zwei Klangkammern, die bei niedrigem Einblasdruck von 0,035 atü schon eine Lautstärke von 90 Dezibel erreicht 
GB 620,720   1946   Improvements in Mouth-whistles   Herstellungsverfahren für eine aus Kunststoff gefertigte Trillerpfeife 
GB 447,673   1936   Improvements in the Manufacture of Mouth Whistles   Vereinfachtes Herstellungsverfahren für typische Trillerpfeife 
GB 1885-435   1885   Improvements in Police and other Whistles   Frühe Messingpfeife, die ursprünglich für die Polizei entwickelt, aber auch bei Fußballspielen verwendet wurde 

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1.2. Speziell ausgebildete Trillerpfeifen und alternative Signalgeräte

Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche Trillerpfeifen entwickelt, die spezielle Merkmale aufweisen, um sie in besonderer Weise für den Gebrauch beim Fußball geeignet zu machen.

Dazu gehören zunächst einmal solche Maßnahmen, die das Tragen der Trillerpfeife erleichtern, so zum Beispiel die Anbringung eines Befestigungsrings für ein Band oder eine Kette. Hierbei werden auch heute noch spezielle Armbänder für den Zweck des bequemen Tragens von Trillerpfeifen am Handgelenk zum Patent angemeldet. Zur Erhöhung der Griffigkeit können außerdem die Seitenwände der Pfeife aufgerauht oder geriffelt ausgestaltet sein.

Eine originelle praktische Idee betrifft die Seitenwahl vor dem Spiel. Zu diesem Zweck wurde in die Trillerpfeife zusätzlich zu der Kugel noch ein kleiner zweifarbiger Würfel in eine separate Kammer eingebracht, der statt einer Münze für die Platzwahl verwendet werden kann. Als weiteres Pfeifenzubehör wurde ein Mundstück beschrieben, welches vor allem im Winter beim Gebrauch metallischer Trillerpfeifen als Mundschutz dient. Ein anderer origineller Ansatz, den Kontakt des Mundes mit der Pfeife zu vermeiden, besteht darin, einen Gasballon an der Trillerpfeife anzubringen, der bei Bedarf zusammengepreßt werden kann.

Als Alternativen zur Trillerpfeife finden sich in der Patentliteratur auch einige Druckluftpfeifen. Ein Schweizer Patent aus dem Jahr 1975 beschreibt zum Beispiel eine mit Überdruck betriebene Handpfeife mit eingebauter Uhr (CH 591 135). Außerdem ist auch eine pistolenförmige Druckpatrone bekannt, die während des Spiels in der Hand getragen werden muss und die mit einer am Körper getragenen Hupe verbunden ist. Weiterführend wird als Alternative in dieser Schrift auch vorgeschlagen, das Handgerät als Sendeeinheit auszubilden und über Funk mit einem akustischen Signalgerät zu koppeln. So kann in lauten vollbesetzten Stadien beispielsweise eine Übertragung und Verstärkung des Signaltons über mehrere Lautsprecher erfolgen. Hierbei können mittlerweile intelligente Übertragungssysteme genutzt werden, die den Ton der Trillerpfeife automatisch erkennen und den Sender nur während eines Pfiffs aktivieren (DE 195 06 257 A1).

Neben diesem Ansatz, bei dem das Pfeifensignal an die Stadionlautsprecher übertragen und dort akustisch verstärkt wiedergegeben wird, wurde auch vorgeschlagen, den Pfiff des Schiedsrichters in lauten Stadien durch optische Anzeigeelemente am Spielfeldrand zu unterstützen. Hierzu wird in die Pfeife ein piezoeelektrischer Drucksensor mit Radiosender eingebaut, der die Betätigung der Pfeife erkennt und ein Aktivierungssignal an die Anzeigeelemente sendet (US 2006/0180073 A1).

Lupe"Smarte" Sportpfeife mit Entfernungsmesseinheit (DE102014010135A1)

Es wurde auch schon vorgeschlagen, die Schiedsrichterpfeife mit einem Mikrophon zu versehen und an den 4 Eckfahnen Lautsprecher anzubringen (DE 202 04 738 U1).
Eine "smarte" Sportpfeife beschreibt DE 10 2014 010 135 A1: Sie enthält eine Entfernungsmesseinheit, um die Einhaltung des Abstands einer Mauer bei einem Freistoß bei Fußballspielen zu kontrollieren sowie ein Display zum Anzeigen des Entfernungswerts.

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Patentdokumente zu diesem Abschnitt
PublikationsnummerJahrTitelKurzbeschreibung
DE 10 2014 010 135 A1  2016  Sportpfeife zur Entfernungsmessung  Trillerpfeife mit Entfernungsmesseinheit 
US 2006/0180073 A1   2006   Whistle and whistle notification device   Trillerpfeife mit einem in die Resonanzkammer eingebauten Drucksensor mit Radiosender, der beim Betätigen der Pfeife ein Aktivierungssignal an optische Anzeigelemente aussendet 
DE 202 04 738 U1   2003  Schiedsrichterpfeife mit Mikrophon zur Tonverstärkung über die an den 4 Eckfahnen eingebauten Lautsprechern   
US 6,416,379 B1   2000   Whistle   Trillerpfeife mit Gurt zur Befestigung am Handgelenk  
FR 2 793 152 A1   1999   Sifflet manuel   Betreiben einer Trillerpfeife mit einem unter Druck stehenden Ballon 
US 6,109,490   1998   Wrist Mounted Whistle   Speziell ausgebildetes Armband für die Befestigung einer Trillerpfeife am Handgelenk des Schiedsrichters 
DE 195 06 257 A1   1995   Verfahren und Anordnung zur Übertragung von Schiedsrichterinformationen bei Rundfunk- und Fernsehsendungen   Übertragungssystem, dessen Sendeeinheit auf ein Trillerpfeifensignal hin aktiviert wird 
US 5,086,726   1990   Whistle   Schiedsrichterpfeife mit seitlich aufgerauter Wandung für verbesserte Griffigkeit 
CH 591 135 A   1975   Schiedsrichterpfeife   Mit Druckluft betriebene Handpfeife mit integrierter Stoppuhr 
DE-OS 1 913 936   1969   Akustische Signalanlage   Pistolenförmiges Handsignalgerät, das mit Druckluft betrieben wird  
DE 1 652 758 U   1952   Lippenschutz an Triller- oder Signalpfeife aus Metall   Mundstück zum Schutz der Lippen beim Gebrauch metallischer Trillerpfeifen im Winter  
DE-PS 855 816   1951   Schiedsrichterpfeife   Klassische Trillerpfeife, die für die Platzwahl noch eine zweite Kammer mit einem zweifarbigen Würfel enthält 
GB 213,487   1923   Improvements relating to Whistles   Trillerpfeife mit Befestigungsring für eine Kette 

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1.3. Kommunikation zwischen Schieds- und Linienrichter

Bereits im Jahr 1968 wurde daran gedacht, die Funkübertragung akustischer Signale zur Kommunikation zwischen Linienrichtern und Schiedsrichtern zu nutzen. Hierzu wurde eine Sendeeinheit in den innen hohlen Stab einer Linienrichterfahne eingebracht (vgl. Abb. 2).

Im Jahr 1968 vorgeschlagene Linienrichterflagge, in deren Stab eine Sendevorrichtung eingebracht ist. LupeAbb. 2: Im Jahr 1968 vorgeschlagene Linienrichterflagge (DE 1 993 964 U), in deren Stab (1) eine Sendevorrichtung (3) eingebracht ist.

Der Griff der Fahne kann zur Aktivierung der Sendeeinheit mit unterschiedlichen Mechanismen ausgestattet sein, beispielsweise einem Schalter (4 bzw. 7) oder einem Fallgewicht (10). Derartige Linienrichterfahnen mit Sendeeinheit werden seit Beginn des 21. Jahrhunderts, also gut dreißig Jahre später, im Profi-Fußball eingesetzt.
Während die frühen Systeme mit einer Schmalband-Modulation arbeiteten und noch relativ störanfällig waren, erfolgt die Übertragung der Signale heutzutage kodiert im Ultrahochfrequenzbereich. Dadurch wird die Störanfälligkeit deutlich herabgesetzt und es lassen sich Signale von mehreren Personen empfangen, wobei erkennbar gemacht werden kann, von wem das jeweilige Signal ausgesendet wurde. In einem weiteren aktuellen Beispiel wird die Funkkommunikation zwischen Linien- und Schiedsrichter auch noch durch ein für jeden sichtbares optisches Signal unterstützt. Dazu sind LEDs in der Linienrichterfahne eingebracht, die beim Betätigen der Sendeeinheit aufleuchten.

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Patentdokumente zu diesem Abschnitt
PublikationsnummerJahrTitelKurzbeschreibung
EP 0 941 750 A1   1998   Signalvorrichtung, insbesondere für die Verständigung von Schiedsrichtern   Signalvorrichtung für die Kommunikation zwischen Schieds- und Linienrichtern, die im Ultrahochfrequenzbereich betrieben wird und eine Unterscheidung der Signale mehrerer Personen ermöglicht 
US 6,067,013   1998   Method and Device for Indicating a Referee Signal   Linienrichterfahne mit Sendeeinheit und LEDs, die beim Betätigen der Sendeeinheit aufleuchten 
DE 31 20 584 A1   1981   Signalvorrichtung für Sport-, insbesondere Fußballschiedsrichter   Linienrichterfahne mit Sendeeinheit und zugehöriges tragbares Empfangsteil für den Schiedsrichter. 
DE 1 993 964 U   1968   Sendevorrichtung zum Signalisieren von Zeichen   Linienrichterfahne, deren Stab innen hohl ist und eine Sendeeinrichtung enthält. Die Sendeeinrichtung wird durch einen Hebel, Schalter oder ein Fallgewicht aktiviert. 

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